#323 PM und Komplexität
Noch bevor ich einen interessanten Beitrag von Peter Addor zum Thema Komplexität und Projekte hier aufgreifen konnte, hat der Kollege meinen Kommentar aufgegriffen und eine Diskussion beginnt sich zu entwickeln. Gemein ist uns beiden die systemtheoretische Betrachtungsweise mit einem Augenmerk auf Komplexität, aber wahrscheinlich trennt uns noch ein unterschiedlicher Projektbegriff:
(1) Der von Peter Addor verwendete Projektbegriff geht mir eindeutig zu weit, denn Projekte sind nicht nur durch ihre Einmaligkeit gekennzeichnet, sondern auch durch die Komplexität der Aufgabenstellung (upps, hier wird es rekusiv.), Begrenzung der Mittel, etc.. (Der inflationäre Gebrauch des Begriffs „Projekt“ ist wiederum ein anderes Kapitel.)
(2) Komplexität entsteht nicht zwingend aus Projekten, sondern aus Veränderung. Es gibt weit mehr Quellen der Veränderung als Projekte.
(3) Aber auch nicht jede Veränderung führt zwangsläufig zu einer Komplexitätssteigerung, sie kann genauso auch zu einer Systemvereinfachung, also zu einer Komplexitätsminderung führen.
(4) Typisch für Projekte ist der systematische Problemlösungsansatz: Der Mitteleinsatz wird systematisiert um aus 1.000.000 Bausteinen am Schluß 1 fertiges Haus zu erhalten. Ich sehe hier durchaus Möglichkeiten zu einer Komplexitätsreduzierung oder zumindest zu einem bewussten und zielgerichteten Umgang mit Komplexität.
(5) Die Illusion der Planbarkeit ist sicher ein Sündenfall des „ganz klassischen“ Projektmanagement, aber ein solches Planungsparadigma wird heute kaum mehr jemand streng aufrecht erhalten. Wie wir wissen ersetzt die Planung den Zufall durch den Irrtum, aber dennoch ist Planung sinnvoll. Selbst in agilen Ansätzen wie Scrum wird geplant! Dort allerdings nur in kleinen iterativen Schritten. Planung, vorausschauendes Denken gehört zu einer systematischen Problemlösung einfach dazu. Dass wir uns dabei in einem komplexen, dynamischen Umfeld bewegen und dem Rechnung tragen müssen, ist die große Herausforderung an das Projektmanagement.