Monatsarchiv für September 2023

 
 

Projekte spielend erfolgreich: Facilitation

https://vimeo.com/759058186?share=copy

In Folge 10 der Reihe „Projekte – spielend erfolgreich“ geht es um Facilitation, also um Meetings, Moderations-Methoden und Rollenmodelle wie Facilitator & Recorder.

Die vorangehenden Folgen der Reihe waren:

Folge 1: Projekterfolg
Folge 2: Dimensionen des Erfolgs
Folge 3: Spiel und Spielen
Folge 4: Gamification und Serious Play
Folge 5: Lego Serious Play
Folge 6: Scrum Simulation & Agile Games
Folge 7: Visualisierung
Folge 8: Storytelling
Folge 9: Die Canvas Idee

Best of schlossBlog: Kontextanalyse & Context Map

Jedes Projekt, jede Aufgabe ist kontext- und situationsspezifisch. Entsprechend von zentraler Bedeutung sind Kontext- und Umweltanalyse. Als Freund von Graphic Facilitation ziehe ich dafür gerne Vorlagen wie die Context Map von The Groove oder in einem betriebswirtschaftlichen Umfeld die Branchenanalyse nach Michael E. Porter heran:

Was mir bisher gefehlt hat ist eine frei verwendbare Vorlage und so entstand meine eigene Fassung einer Context Map, die ich hier gerne teilen möchte und die unter Creative Commons Lizenz jedem zur Nutzung frei steht (pdf-Downloads finden sich am Ende des Artikels):

Unser Ausgangspunkt ist zunächst eine Blackbox. Das kann ein Projekt sein, eine Aufgabe, eine Dienstleistung, eine Problemstellung, ein Prozess,…

Unterzieht man unsere Blackbox einer einfachen Prozessbetrachtung, so wird es Input-Faktoren geben, also Dinge, die direkt in die Blackbox eingehen oder sie bestimmen und Output-Faktoren auf der anderen Seite. Wenn ich mit Porter ein Produkt analysieren würde, dann könnten links die Lieferanten und rechts die Kunden stehen, aber das Schema ist bewusst abstrakt und somit vielseitig einsetzbar.

Die eigentlich Umweltanalyse erfolgt in zwei Sphären oberhalb unserer Kernbetrachtung. Externe Einflüsse können wir auf einer Mikro- und einer Makroebene unterscheiden. Auf der Makroebene würden sich etwa globale Entwicklungen, technische oder volkswirtschaftliche Entwicklungen niederschlagen, diese können sich aber möglicherweise auch auf einer Mikroebene auswirken, z.B. in einem lokalen Bebauungsplan, dem Staudamm vor Ort oder der lokalen Infrastruktur. Die Darstellung verzichtet bewusst auf eine Festlegung der Kategorien einer solchen Betrachtung. Die Anzahl der „Tortenstücke“ ist willkürlich. In der Context Map von The Groove werden beispielsweise politische Faktoren und Trends, Umweltklima und klimatische Trends, technologische Faktoren, Unsicherheiten und Kundenbedürfnisse als Kategorien genannt.

Neben dieser „abstrakt, globalen“ Umweltbetrachtung können wir aber auch unseren Kernprozess noch einer näheren Untersuchung unterziehen, denn Input, der Betrachtungsgegenstand selbst (Blackbox) und Output unterliegen ihrerseits konkreten Entwicklungen und Einflüssen, was im Schema jeweils mit „Disruption & Change“ dargestellt wird. Das können kleine Veränderungen und Einflüsse sein, aber auch grundsätzliche Regeländerungen und disruptive Entwicklungen.

Die Einsatzmöglichkeiten dieser Context Map sind vielseitig. Das Schema selbst ist abstrakt und muss erst von Fall zu Fall befüllt werden, aber bitte nicht als plumpes Formular, sondern als Faciltitation-Technik. (Mehr dazu im Beitrag Canvas-Kritik.)

Hier noch die pdf-Vorlagen der Kontext-Map in verschiedenen Formaten:

Viel Erfolg beim beim praktischen Einsatz dieses Templates!

PS: Und ein Erklärvideo gibt es auch noch zur Context Map.

Gelesen: Facilitation

Holger Scholz, Roswitha Vesper, Facilitation, Dialog- und handlungsorientierte Organisationsentwicklung, München 2022, ISBN 978-3-8006-9494-8 (Amazon Affiliate Link)

Von Ankündigung und Aufmachung war ich begeistert. Punkt. Und dann kam die Ernüchterung.

Scholz & Vesper präsentieren ihren Beratungsansatz – fair enough.

Aber der Verlag hätte gerne ein Facilitation Standardwerk – Fail.

Das Buch folgt konsequent dem Beratungsansatz der Kommmunikationslotsen, aber das ist halt nicht, was man als neutrale Beschreibung von Facilitation erwarten würde. Da ist leider jede Menge esoterischer Hokuspokus mit dabei, so mit indogenem Hintergrund und Himmelsrichtungen, Währenddessen der Verlag mehr so dier übergreifende Standard-Trommel rührt.

Just a fail.

We call it bullshit.

Obwohl viele der Methoden und Checklisten im konkreten Ansatz mehr als wertvoll sind.

Aber scheiß drauf – Alt-68ern ist ihr eigener Geist durchgegangen.

Spannend fand ich insbesondere die detaillierteren Listen mit dem ersten Klienten-Feedback und den konkreten Reaktionsempfehlungen.

Eigentlich eine echte Empfehlung, aber definitiv nicht im Verlagssinn. Mit dem esoterischem Geschmarre habe ich kein Problem, so lange das klar trennbar ist.

Die beschriebenen Werkzeuge sind davon nicht betroffen.

Nach objektiven Kriterien bestenfalls eine 2 (von 5), während ich durchaus zwischen 3 und 4 schwanke, wobei ich dabei den esoterischen Hokuspokus bewusst ignoriere.

Gelesen: On Writing Well

William Zinsser, On writing well, The Classic Guide to Writing Nonfiction, 30th Anniversary Edition, New York/London/… 2006, ISBN 978-0-06-089154-1 (Amazon Affiliate Link)

Nur zufällig bin ich über diesen englischsprachigen Klassiker über das Schreiben non-fiktionaler Texte gestolpert, aber die professionelle Einstellung des Autors und die Zeitlosigkeit faszinieren mich. William Zinsser ist Jahrgang 1922 und die erste Auflage dieses Buches erschien 1976. Und trotzdem liest sich das Buch modern.

Das liegt daran, dass Zinsser seine Botschaft von Auflage zu Auflage selbst immer wieder aufs Neue umgesetzt hat: Das Handwerk guter Texte verlangt vor allem Einfachheit und Klarheit und eine ständige Überarbeitung – Rewriting.

Die kontinuierliche Überarbeitung merkt man dem Buch in der aktuellen Auflage von 2006 (Zinsser ist 2015 verstorben) auch positiv an: Die vielen Beispieltexte beginnend in den 60er Jahren bis hinein ins neue Jahrtausend sind so ausgewählt, dass überhaupt nichts altbacken wirkt. Nur was der Zeit stand hält ist genblieben. Zinsser reflektiert selbst, dass es wohl Auflagen des Buches gab, die eine Einführung in die elektronische Textverarbeitung enthielten, die mittlerweile aber längst nicht mehr erforderlich und entsprechend auch wieder herausgeflogen ist.

Diese Zeitlosigkeit – Verdienst der kontinuierlichen Überarbeitung – ist wirklich bemerkenswert.

Zu meinen ganz eigenen Learnings der Lektüre gehören die auditive und visuelle Wirkung geschriebener Texte. Wenn ein Leser/Konsument den Text in Gedanken liest, dann sollte der Autor den Text auch schon laut gesprochen/gelesen haben, um sich der Wirkung seiner Worte bewusst zu sein. Und auch der Satz des Textes hat eine visuelle Wirkung (Stichwort: Bleiwüste). Wir sollten uns auch bewusst sein, dass wir bei geschriebenen Texten eine andere Fehlertoleranz als bei gesprochenen Texten haben: Beim gesprochenen Wort sind wir viel nachsichtiger und korrigieren Fehler im Kopf von selbst, während für uns Fehler in geschriebenen Texten ein Indiz für die Nachlässigkeit des Autors sind. Wir messen dann mit zweierlei Maß.

On writing well – Ein Klassiker, aber wer sich mit dem Handwerk des Schreibens ernsthaft auseinandersetzen will, dem sei das Werk gerne empfohlen.

Bedarf und Überforderung

Gerade führe ich einige Diskussionen, weil wir bei openPM und den PMCamps scheinbar an gewisse Grenzen stoßen.

Der Spirit dahinter ist unbestritten, trotzdem funktionieren die Angebote aktuell nicht.

Kommerzielle Angebote im gleichen Terrain scheinen noch Nachfrage zu finden, egal ob die PMWelt des Projektmagazins oder die PMDays der Kayenta. Was nichts kostest, zählt nichts, scheint ein echtes Argument zu sein. Aber das ist nicht alles.

Klar zwei Entwicklungen haben die Bewegung massiv runter gezogen:

(1) Die alten Kämpen waren jetzt ~10 Jahre am Start und haben wohlverdient zumindest ein Pause verdient. Die ersten Mitstreiter sind im Ruhestand. Fair enough.

(2) Corona hat zugeschlagen. Im ungünstigsten Zeitpunkt. Ja, wir hätten uns vermutlich wieder neu erfinden müssen, aber das ist durch die Corona-Zwangspause ausgeblieben. Zum Einen ging bei Corona die Kontinuität verloren, zum Anderen ist die Aufmerksamkeit und das „Recruitiung“ von Orga-„Nachwuchs“ ausgeblieben. Und das Projekt-Business hat sich in diesen Zeiten verändert.

Projekte sind wichtiger denn je. Wir sind mit mehr Projekten und mehr Projektteams denn je konfrontiert. Aber das spiegelt sich nicht bei openPM & Co wieder. Projektmanagement interessiert immer weniger. Aber eigentlich müssten immer mehr Menschen Fragen zu Projekten haben.

Also Bedarf ist da. Auch wenn kaum jemand drüber sprechen will. (Warum zum Teufel spricht „man“ nicht darüber?)

Der Austausch wird immer weniger.

Die sozialen Medien erleben ihre eigene Degeneration. Die Xing-Gruppen sind tot. LinkedIn profitiert – nur nicht unbedingt inhaltlich. Die Oberflächlichkeit in den einschlägigen Gruppen ist leider unverändert.

Heute habe ich einen Kollegen dazu befragt und der hat ein neues Schlagwort in die Diskussion geschmissen: ÜBERFORDERUNG.

Ist die aktuelle Entwicklung weniger ein Zeichen von von nachlassendem Bedarf sondern eher von Überforderung?

Klar: Diskussionen haben sich verlagert. Vieles von einem Agile Mindset ist mittlerweile Common Sense,. Und trotzdem: durch die Zunahme der Projekte, müsste auch der Bedarf an Austausch zugenommen haben – egal in welchem Medium, in welchem Format.

Aber die spannende Frage: Ist die rückläufige Nachfrage ein Symptom der Überforderung?

Und die nächsten Fragen:

  • Wie könnte man diese Fragen adäquat adressieren?
  • Und in welchen Formaten?

Überforderung könnte ein spannendes Thema sein.

Mir stellen sich aktuell viele Fragen:

  • Welcher Bedarf zum Austausch besteht aktuell wirklich?
  • Ich bin nicht old-school und die Formate und Antworten der Vergangenheit interessieren mich nicht, aber was sind die Formate der Gegenwart?
  • Welche Inhalte bewegen aktuell?
  • Ja, und auch an die old boys and girls: wie würdet ihr eine Fortsetzung sehen?

Und an dieser Stelle endet mein Latein und ihr seid gefordert!

Wie seht ihr den Bedarf, welche Möglichkeiten habe wir, gibt es noch eine Zukunft für openPM und die PMCamps oder sollten wir die lieber einstampfen, bevor es peinlich wird?



bernhardschloss.de