Kreativität

Eigentlich könnte dieser Beitrag auch in der Rubrik „Gelesen“ stehen, denn Anlass war das kleine aber feine Buch von Dieter Geckler über Kreativität (Amazon Affiliate Link).

Dieter Geckler, Kreativität, bei Menschen, Teams und Organisationen, Norderstedt 2023, ISBN-13: 978-3-75783-512-5

Dieter Geckler ist ein Prozessmensch und so beschreibt er (nach einem Exkurs über die Geschichte der Kreativität) wie auf drei Ebenen (Einzelperson, Team, Organisation) ein kreativer Prozess abläuft. Natürlich nicht linear, sondern mit Sprüngen. Trotz aller gemachten Einschränkungen fühlt sich das Ganze aber doch sehr geordnet und strukturiert an. Er schreibt zwar, dass Kreativität nicht im Detail planbar ist aber bei der Lektüre fühlt es sich dann doch anders an. Und dann sind wir bei einem (Mikro-)Management für Kreativität.

Was mir fehlt sind Strategien zur Ermöglichung von Kreativität und da würden mir ein paar einfallen:

  1. (Frei-)Räume schaffen
  2. Lernbereitschaft und Fehlerkultur
  3. Visuelles Denken, Storytelling und Spielen
  4. Effectuation
  5. Verwertung und Speicherung
  6. Kommunikation und Austausch
  7. Machen!

Aber der Reihe nach…

ad 1 – (Frei-)Räume schaffen

Räume und Flächen nutzen kann man visuell und haptisch, aber natürlich auch im übertragenen Sinn. Wenn wir vollkommen ausgeplant sind, bleibt keine Zeit für Kreativität. Wir brauchen Zeit und Platz für eigene Ideen und Gedanken. Die müssen erst einmal gar nicht zielgerichtet sein, aber nur so lernen wir uns zu entfalten. Und natürlich widerspricht das unserem Effizienzdrang. Wollten wir nicht Verschwendung vermeiden? Manchmal müssen wir aber auch Unproduktivität ertragen, um auf einer anderen Ebene wieder produktiv werden zu können. Für solche Freiräume gibt es in der Managementlehre den Terminus des Organizational Slack.

ad 2 – Lernbereitschaft und Fehlerkultur

Neugier, Offenheit und Lernbereitschaft sind ebenso wichtig wie eine Fehlerkultur. Fehler sind kein Stigma, sondern ein Geschenk, die neues Lernen erlauben. Und doch sind wir bei Fehlern schnell nachtragend und suchen den Schuldigen, obwohl die Suche nach Schuldigen völlig absurd ist: Wir verschwenden weitere Energien, anstatt konstruktiv das Beste aus einer Situation zu machen.

ad 3 – Visuelles Denken, Storytelling und Spielen

Zugegeben einige meiner Lieblingsthemen. Wichtig in dieser Kategorie ist, dass uns diese Dinge helfen können, ohne dass sie bereits methodische Schärfe mit sich bringen. Im Gegenteil die Unschärfe ist ihre Stärke, sie bewahrt uns vor voreiligen Kurzschlüssen und regt zur weiteren Auseinandersetzung an. Das mag vielleicht „unwissenschaftlich“ sein, ist aber verdammt effektiv. (Wobei es durchaus wissenschaftliche Erklärungen für die Wirkungsweise gibt.)

ad 4- Effectuation

Effectuation hatten wir hier schon einmal. Die empirische Herleitung der Effectuation mag ich zwar überhaupt nicht, Ihre Prinzipien halte ich aber für wegweisend:

  • Das Prinzip der Mittelorientierung (Welche Mittel und Möglichkeiten stehen uns überhaupt zur Verfügung?)
  • Das Prinzip des leistbaren Verlusts (Wo ist unsere Schmerzgrenze? Wieviel Verlust können wir uns für Ausprobieren und Lernen leisten?)
  • Das Prinzip der Umstände und Zufälle – Neudeutsch: Serendepität
  • Vereinbarungen und Partnerschaften (Wieso alles allein machen? Unsere Partner sind auch ein Mittel dass wir wechselseitig gewinnbringend nutzen können.)

ad 5 – Verwertung und Speicherung

Dieter Geckler weist im Rahmen der Digitalisierung auf elektronische Bibliotheken, z.B. für unser CAD-Programm hin, aber wir können natürlich schon viel früher anfangen (Geckler verweist auf Zettelkästen), aber da gibt es natürlich auch Sketchbooks, Archive und alle möglichen Hilfsmittel, die wir im Prinzip kennen, aber dann doch zu faul sind, sie auch konsequent zu nutzen, um unsere Ideen und Gedanken auch wiederzufinden, aber das reicht noch nicht, wir wollen sie ja auch noch umsetzen verwerten oder nutzbar machen.

ad 6 – Kommunikation und Austausch

Der Diskurs über Kunst/Kreativität kann weitere Kreativität auslösen und nach sich ziehen (sofern er nicht zum Selbstzweck degeneriert). Ähnlich wie bei der Fehlerkultur ist hier auch Offenheit gefragt. Das Gegenteil sind Bücherverbrennung und Diffamierung als entartete Kunst. Aber auch im Guten verbirgt sich die Gefahr der Political Correctness, die zu Selbstbeschneidung und Zensur führt.

ad 7 – Machen!

Last but not least das Wichtigste: Wir wollen schließlich nicht nur über Kreativität philosophieren (was ja ok ist), sondern in die Puschen kommen. Innovationsprozesse können die Kreativität erdrücken. Und genau das wollen wir ja nicht. Wir wollen ja nicht die Innovationsmaschinerie anschmeißen, sondern in unserem Denken und Handeln kreativ sein. (Bei Geckler findet sich übrigens der schöne Begriff der Alltagskreativität.)

Diese Liste von Strategien zur Ermöglichung von Kreativität ist sicher unvollständig. Die einzelnen Strategien können sich auch ergänzen.

Aber wir wollen Kreativität ja nicht nur verwalten, sondern sie inspirieren und lostreten.

PS: Credits für die Illustration gehen übrigens an mein Töchterlein, bei der ich diese schon etwas älteren kolorierten Skribbels geklaut habe.


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