#112 Zielsetzung und Projekterfolg

Und wieder philosophiert Stefan Hagen: Diesmal über die Bedeutung der Zielsetzung für den Projekterfolg.

Natürlich kann man ihm nur zustimmen. Je klarer die Zielsetzung, umso besser. Aber es gibt auch Grenzen:

Mitunter übersteigt die Komplexität eines Projekts die Möglichkeit einer exakten Zielbeschreibung. Klar könnte man jetzt in einem Vorprojekt erst einmal die Anforderungen ausarbeiten und ein Konzept entwickeln – aber machen wir uns nichts vor, soweit kommt es dann meist gar nicht. Viele Projekte würden gar nicht erst angefasst. Das mag in dem einen oder anderen Fall vielleicht auch besser sein, aber Großvorhaben würden an dieser Hürde fast immer scheitern.
Einen weiteren Grenzfall sehe ich in agilen Vorgehensweisen. Diese setzen eine große Vertrauensbasis der beteiligten Parteien voraus, denn das Moving Target ist hier systemimanent.
Die im Kommentar von Eberhard Huber (siehe bei Stefan Hagen) angesprochenen impliziten Zielsetzungen sind ein Kapitel für sich. Natürlich lassen sich Projekte auch politisch missbrauchen. Implizite Zielsetzungen müssen aber gar nichts Ehrrühriges an sich haben – dennoch ist es eine Krux mit ihnen. Wir werden sie fast immer vorfinden, denn kein Projekt ist aus einem Selbstzweck geboren. Lautet der Projektauftrag eine bestimmte Software einzuführen, so ist das hinreichend konkret, aber die Software für sich stellt keinen Selbstzweck dar, sondern ist nur Mittel zum Zweck.
Last but not least fehlt noch die zeitliche Dimension. Was der klare Projektauftrag von heute morgen noch wert ist, steht häufig in den Sternen. Auch wenn wir unser Projekt noch so „erfolgreich“ ins Ziel bringen, erfolgt die Bewertung dann erst ex post, möglicherweise unter völlig anderen Vorzeichen.


Tags:

 
 
 

2 Kommentare zu “#112 Zielsetzung und Projekterfolg”

  1. surfguard
    4. November 2008 um 12:13

    „Einen weiteren Grenzfall sehe ich in agilen Vorgehensweisen […] denn das Moving Target ist hier systemimanent.“

    Ähem: Nein?

    Ich halte es für eines der großen Missverständnisse rund um agile Methoden, dass sie mit ziellosem Vor-sich-hin-Daddeln verwechselt werden. Agile Methoden gehen sehr wohl davon aus, dass der Auftraggeber ein Ziel hat. Scrum zum Beispiel hat explizit die Rolle des Product Owners und gibt ihm die Aufgabe, den priorisierten (!) Product Backlog zu schreiben. Priorisierung aus Produkt- oder Geschäftssicht kann man aber nur mit einer klaren Vision, einem klaren Ziel vornehmen.

    Die Flexibilität, die agile Methoden einführen, ist der Tatsache geschuldet, dass man einsehen muss, dass sich auch MIT einem klaren Ziel Prioritäten verschieben können – oder eben sogar das Ziel selbst ändern.

    Es ist aber keinesfalls so, dass agile Methoden es irgendwie überflüssig machen oder gar verhindern oder verbieten würden, ein Entwicklungsziel zu haben.

  2. admin
    4. November 2008 um 12:55

    Das sollte auch nicht despektierlich über agile Methoden sein und von ziellos war ja auch nicht die Rede, aber die Konkretisierung der Ziele passiert erst im Projektverlauf und das setzt viel Vertrauen unter den Beteiligten voraus.

Kommentar abgeben:



bernhardschloss.de