#635 Zukunft des Projektmanagements

Haben wir nicht jüngst mit einer Blogparade, auf dem PM Camp in Dornbirn und auf openPM zugegebenermaßen rhetorisch (aber selbstkritisch) nach dem Beyond Project Management gefragt?

Ganz anders die aktuelle Ausgabe von projektManagement aktuell, eine Jubiläumsausgabe, die sich selbst feiert (Ehrlicher Glückwunsch zum 25. Geburtstag!) und einen Blick in die Zukunft de Projektmanagements zelebriert mit Beiträgen wie „Future Trends in Project Management“, „‚Drahtseilakt‘ für Projektmanager“ oder „Das Projekt als ‚Nukleus‘ der Strategiearbeit“.

Die Future Trends entstammen übrigens einer Befragung von „26 internationalen Akademikern und 22 Praktikern“, sie mögen völlig zutreffend sein, aber bei dieser Grundgesamtheit verkleidet mit einem wissenschaftlichen Anstrich, sollte man die Kirche vielleicht im Dorf lassen oder den Beitrag eher als Thesen, denn als handfeste Ergebnisse deklarieren. Geburtstagsfeiern sind ja schön und gut, aber selbstgefälliges Schulterklopfen muss nicht sein.

Als Future Trends werden in der Studie von Hans Georg Gemünden und Yvonne-Gabriele Schoper übrigens genannt:

  1. „Projektifizierung“ der Gesellschaft
  2. Wachsende Bewältigung von Komplexität
  3. Transantionalisierung der Projekte
  4. Virtualisierung
  5. Professionalisierung des Projektmanagements
  6. Lernen & Qualifizierung im Projektmanagement
  7. Projekte als Vehikel um Unternehmensziele zu erreichen
  8. Verbessertes Stakeholdermanagement
  9. Projektmanagement erobert die Vorstandsetagen
  10. Projektorientierte Organisation
  11. Ein zunehmender Anteil von Frauen im Projektmanagement
  12. Projektmanagementforschung wird intensiviert

Die einzelnen Trends sind natürlich nicht unabhängig voneinander (z.B. Professionalisierung und Lernen & Qualifizierung) und vielleicht auch dem Kreis der Befragten geschuldet (Forscher wollen intensiviert forschen). Die Projektifizierung (oder sollte ich sagen: „Projektitis“), der Stellenwert von Projektmanagement in den Vorstandsetagen und der Umbau von Organsiationen in Projektorientierte Organisationen vermitteln mir auch den Eindruck von Wumschdenken. So würden wir uns gerne sehen und diese Wertschätzung würden wir gerne widerfahren. Ich glaube gar nicht mal, dass die Anzahl „echter“ Projekte wirklich zugenommen hat, aber an immer mehr Aufgaben wird einfach missbräuchlich das Etikett „Projekt“ geklebt. Projekte werden (auch auf Vorstandsetagen) instrumentalisiert (z.B. in der Budgetplanung oder im Change Management) ohne Gegenstand und Vorgehensweise zu reflektieren, da wird dann mitunter sinnfrei eine Projektlogik übergestülpt. Ich fürchte, dass diese missbräuchliche Inflation nicht zwingend zu einer Professionalisierung beitragen, sondern möglicherweise vermehrt zu Akzeptanzproblemen führen wird. Aber lassen wir uns überraschen. Schau´mer mal, dann sehgn ma scho, wie der Bayer sagt.



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