Gelesen: Facilitation

Holger Scholz, Roswitha Vesper, Facilitation, Dialog- und handlungsorientierte Organisationsentwicklung, München 2022, ISBN 978-3-8006-9494-8 (Amazon Affiliate Link)

Von Ankündigung und Aufmachung war ich begeistert. Punkt. Und dann kam die Ernüchterung.

Scholz & Vesper präsentieren ihren Beratungsansatz – fair enough.

Aber der Verlag hätte gerne ein Facilitation Standardwerk – Fail.

Das Buch folgt konsequent dem Beratungsansatz der Kommmunikationslotsen, aber das ist halt nicht, was man als neutrale Beschreibung von Facilitation erwarten würde. Da ist leider jede Menge esoterischer Hokuspokus mit dabei, so mit indogenem Hintergrund und Himmelsrichtungen, Währenddessen der Verlag mehr so dier übergreifende Standard-Trommel rührt.

Just a fail.

We call it bullshit.

Obwohl viele der Methoden und Checklisten im konkreten Ansatz mehr als wertvoll sind.

Aber scheiß drauf – Alt-68ern ist ihr eigener Geist durchgegangen.

Spannend fand ich insbesondere die detaillierteren Listen mit dem ersten Klienten-Feedback und den konkreten Reaktionsempfehlungen.

Eigentlich eine echte Empfehlung, aber definitiv nicht im Verlagssinn. Mit dem esoterischem Geschmarre habe ich kein Problem, so lange das klar trennbar ist.

Die beschriebenen Werkzeuge sind davon nicht betroffen.

Nach objektiven Kriterien bestenfalls eine 2 (von 5), während ich durchaus zwischen 3 und 4 schwanke, wobei ich dabei den esoterischen Hokuspokus bewusst ignoriere.

Gelesen: On Writing Well

William Zinsser, On writing well, The Classic Guide to Writing Nonfiction, 30th Anniversary Edition, New York/London/… 2006, ISBN 978-0-06-089154-1 (Amazon Affiliate Link)

Nur zufällig bin ich über diesen englischsprachigen Klassiker über das Schreiben non-fiktionaler Texte gestolpert, aber die professionelle Einstellung des Autors und die Zeitlosigkeit faszinieren mich. William Zinsser ist Jahrgang 1922 und die erste Auflage dieses Buches erschien 1976. Und trotzdem liest sich das Buch modern.

Das liegt daran, dass Zinsser seine Botschaft von Auflage zu Auflage selbst immer wieder aufs Neue umgesetzt hat: Das Handwerk guter Texte verlangt vor allem Einfachheit und Klarheit und eine ständige Überarbeitung – Rewriting.

Die kontinuierliche Überarbeitung merkt man dem Buch in der aktuellen Auflage von 2006 (Zinsser ist 2015 verstorben) auch positiv an: Die vielen Beispieltexte beginnend in den 60er Jahren bis hinein ins neue Jahrtausend sind so ausgewählt, dass überhaupt nichts altbacken wirkt. Nur was der Zeit stand hält ist genblieben. Zinsser reflektiert selbst, dass es wohl Auflagen des Buches gab, die eine Einführung in die elektronische Textverarbeitung enthielten, die mittlerweile aber längst nicht mehr erforderlich und entsprechend auch wieder herausgeflogen ist.

Diese Zeitlosigkeit – Verdienst der kontinuierlichen Überarbeitung – ist wirklich bemerkenswert.

Zu meinen ganz eigenen Learnings der Lektüre gehören die auditive und visuelle Wirkung geschriebener Texte. Wenn ein Leser/Konsument den Text in Gedanken liest, dann sollte der Autor den Text auch schon laut gesprochen/gelesen haben, um sich der Wirkung seiner Worte bewusst zu sein. Und auch der Satz des Textes hat eine visuelle Wirkung (Stichwort: Bleiwüste). Wir sollten uns auch bewusst sein, dass wir bei geschriebenen Texten eine andere Fehlertoleranz als bei gesprochenen Texten haben: Beim gesprochenen Wort sind wir viel nachsichtiger und korrigieren Fehler im Kopf von selbst, während für uns Fehler in geschriebenen Texten ein Indiz für die Nachlässigkeit des Autors sind. Wir messen dann mit zweierlei Maß.

On writing well – Ein Klassiker, aber wer sich mit dem Handwerk des Schreibens ernsthaft auseinandersetzen will, dem sei das Werk gerne empfohlen.

Snippet: Spracherwerb

Wie im Jubiläumspost angekündigt, werde ich künftig immer wieder einzelne Infohäppchen als „Snippets“ einstreuen.

Den Anfang macht Sunni Brown, die in Ihrem Buch „The Doodle Revolution“ (Amazon Affiliate Link) sehr schön darstellt, wie der Spracherwerb bei uns Menschen funktioniert. Und zwar vergleicht sie den Erwerb der verbalen Sprache mit dem Erwerb der visuellen Sprache (Bildsprache) und hält uns als Spiegelbild vor Augen, wie wir zu Schulzeiten unsere visuellen Fähigkeiten sträflich vernachlässigen und uns einseitig auf verbale Kompetenzen stürzen. Dabei verschenken wir das enorme Potential visuellen Denkens!

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